"Niemand kann Dir garantieren, dass Du ein Ziel in einer bestimmen Zeit erreichst.
Aber Du wirst garantiert nie ein Ziel erreichen, das Du Dir nie gesetzt hast."
David McNally, Politikwissenschaftler
Nur wer hart und zielgerichtet an sich selbst arbeitet, wird langfristig Erfolg haben. Denn eine Vielzahl von Reizen (und Versuchungen) prasseln von außen auf uns ein und suggerieren uns, was wir tun und lassen sollten. Ohne eigene Ziele wären wir wie bei einem Flipper ein Spielball dieser Umwelteinflüsse. Ziele strukturieren unser Leben und geben uns Sinn und Richtung für die Entwicklung. Die Erreichung eigener Ziele befriedigt und gibt uns Selbstvertrauen. Jeder Coach, der schon mal mit Sportlern, die an ihre Leistungsgrenzen gehen, gearbeitet hat, weiß, wie wichtig Ziele sind. Ein römisches Sprichwort besagt, „jeder ist seines eigenen Glückes Schmied“. Und Ziele sind die Werkzeuge, aus denen das eigene Glück und der Erfolg geschmiedet werden. Jeder setzt sich Ziele, das Problem ist jedoch nicht Ziele zu identifizieren sondern sie so zu formulieren, dass sie inspirierend, motivierend und handlungsleitend wirken. Ziele sollen systematisch herausgearbeitet werden, damit sie den Realitätsbezug, eine konsequente Zielverfolgung, eine Entwicklung von Zielerreichungsstrategien und eine Überprüfung der Zielerreichung fördern.
Das Ziel des vorliegenden Beitrags ist die Darstellung der Erfahrungen aus der Sportpraxis und des Forschungsstands aus der Sportwissenschaft.
Ziele repräsentieren wünschenswerte, in der Zukunft liegende Zustände, die als Folge eigener Handlungen erreicht werden können. Im Sportkontext ist es sinnvoll zwischen Ergebnis- und Prozesszielen zu unterscheiden.
Ergebnisziele beziehen sich typischerweise auf das Abschneiden bei einem Wettkampf. Das Erreichen von Ergebniszielen hängt nicht nur von der eigenen Leistung sondern
auch von der Leistung der Gegner ab. Es ist denkbar, den besten Wettkampf im Leben zu bestreiten und trotzdem zu verlieren und somit das gesteckte Ziel, den Wettkampf zu gewinnen, nicht
erreichen. Für die Steigerung der kurzfristigen Motivation außerhalb des Wettkampfes haben sich Ergebnisziele als besonders nützlich erwiesen. Die Betrachtung von Ergebniszielen kurz vor
oder während des Wettkampfs kann jedoch negative Effekte haben. Während des Wettkampfs löst eine Fokussierung auf Ergebnisziele nicht selten Wettkampfangst oder Konzentrationsprobleme
aus.
Prozessziele dagegen gehen auf die Prozesse ein, die für die Erreichung der Ergebnisziele notwendig sind. Sie sind unabhängig vom Gegner und basieren auf der eigenen
Leistung. Ein Prozessziel kann z.B. sein, die Aufschlagquote von 60% zu erreichen. Prozessziele sind sehr flexibel, da sie beliebig genau angepasst werden können (z.B. Steigerung der
Aufschlagquote von 60% auf 65%). Sowohl in der Wettkampf- als auch in der Trainingsphase kann man Prozessziele anwenden.
Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass eine Kombination von Ergebnis- und Prozesszielen größere Effekte erzeugt als die separate Anwendung dieser zwei Zielarten (vgl. z.B. Filby,
Maynard & Graydon, 1999). Ergebnisziele sind globaler und können als Oberziele betrachtet werden. Die Prozessziele sollten sich an ihnen ausrichten (Unterziele).
Ergebnisse zahlreicher Studien in verschiedenen Kontexten (z.B. Beruf, Ausbildung, Sport) zeigen, dass Setzen von Zielen als Strategie zur Leistungssteigerung funktioniert. Die zentralen Befunde der Forschungsliteratur sind erstens: Ziele sollten einen mittleren Schwierigkeitsgrad aufweisen. Zweitens: Ziele, die spezifisch formuliert waren, wurden eher umgesetzt. Drittens: der Effekt der Ziele auf die sportliche Leistung wurde am größten, wenn sowohl kurz- als auch langfristige Ziele herausgearbeitet wurden. Außerdem wurden die Ziele beharrlicher verfolgt, wenn es eine Rückmeldung zum Fortschritt gab. Es wird empfohlen, mit dem Zielsetzungstraining schon im Jugendalter (ab 12-14 Jahren) zu beginnen. Mit zunehmender Anwendungsdauer wird der Umgang mit Zielen immer effektiver.
Auch wenn die sportpsychologische Forschung genügend Hinweise liefert, dass die Verwendung von Zielen eine sehr effektive Strategie zur Leistungssteigerung ist, ist der Einsatz dieser Technik kein Selbstläufer. Das Verfahren sollte mit Bedacht, Verständnis für die psychologischen Prozesse und sorgfältiger Planung verwendet werden. Systematische Herangehensweise und Überwachung der Prozesse sind notwendig, um zu bestimmen, wann und wo Ziele am effektivsten eingesetzt werden können.
Handlungsempfehlung für Sportpsychologen, Trainer oder Athleten:
Es ist viel einfacher eine klare Handlungsstrategie zu entwickeln, wenn wir die Ziele spezifisch, konkret und eindeutig formuliert haben. Darüber hinaus werden Ziele für uns attraktiver, wenn wir uns das Zielbild konkret ausmalen können. (weniger effektiv: „Ich will meinen Aufschlag verbessern“, effektiv: „Ich will meine Aufschlagquote auf 60% steigern“)
Der Sportler verliert ziemlich schnell das Interesse, wenn keine Herausforderung gegeben ist. Andererseits führen zu schwierige Ziele zur Frustration, zum Verlust des Selbstvertrauens und zu schlechteren Leistungen. Die Kunst dabei ist es, eine Balance zwischen Herausforderung und Erreichbarkeit herzustellen, was an sich kein einfaches Unterfangen ist. Wenn man als Betreuer eher wenig Erfahrung hat, sollte man mit leichteren Zielen anfangen und den Schwierigkeitsgrad steigern. Dadurch vermeidet man die anfängliche Frustration und steigert die Akzeptanz bei den Teilnehmern.
Als besonders wirksam hat sich eine Zielkaskade von kurz- und langfristigen Ziele erwiesen, in der die Ziele aufeinander aufbauend formuliert werden (siehe Abbildung 1). Dadurch wird der Fortschritt bei der Zielerreichung sichtbar, was sich positiv auf die Motivation auswirkt. Es sollte mit einfacheren und direkt erreichbaren Zielen begonnen werden, die zu schwierigeren und weiter entfernten Zielen führen.
Das beste Mittel einen Wettkampf zu gewinnen ist es, Prozessziele zu fokussieren. Dennoch sind Ergebnisziele wichtig, da sie langfristig eine wichtige Motivationsstütze darstellen. Man sollte deshalb eine ausgewogene Mischung aus Prozess- und Ergebniszielen herausarbeiten. Aus Erfahrungswerten kann man sagen, dass für ein Ergebnisziel mehrere Prozessziele formuliert werden sollten.
Häufig konzentrieren sich Athleten und Trainer ausschließlich auf die Wettkampfziele, Trainingsziele sind genauso wichtig wie Wettkampfziele, da der Großteil der Zeit beim Trainieren verbracht wird. Ohne Trainingsziele können lange und harte Trainingseinheiten zu Langeweile und zu Motivationsverlust führen. Das Setzen von Trainingszielen kann den Fortschritt während des Trainings sichtbar machen und den systematischen Aufbau der Form hin zum Wettkampf erleichtern.
Eine alte Weisheit besagt: „Aus den Augen, aus dem Sinn“. Genauso ist es mit den Zielen. Es wurde vielfach in der Praxis berichtet, dass Ziele besonders dann zuverlässig umgesetzt werden, wenn sie notiert und in Sichtweite platziert werden. Die Ziele können auf Karten oder Postern ausformuliert werden oder auch in Form von komplexen Verhaltensverträgen festgehalten werden. Stellen Sie die Karten mit den ausformulierten Zielen an Ihr Bett und wiederholen Sie diese nach dem Aufstehen und vor dem Schlafengehen. Dadurch werden sich die Ziele tief in Ihrem Unterbewusstsein festsetzen.
Planen Sie genau, wann Sie was machen wollen, um Ihr Ziel zu erreichen. Je genauer Sie z.B. Trainingstermine (z.B. samstags 16-18 Uhr in der Vereinshalle Aufschlag trainieren) festlegen, umso wahrscheinlicher ist es, dass Sie diese umsetzen werden. Berücksichtigen Sie dabei auch die Widerstände (z. B. Schul- bzw. Arbeitsstress, Termine, Motivationsschwankungen oder Ermüdungszustände), die sich negativ auf die Umsetzung des Plans auswirken können. Erstellen Sie die Szenarien nach dem Wenn-Dann-Prinzip (z.B. Wenn Michael keine Zeit hat, dann frage ich Jens und danach Sebastian). Dadurch machen Sie sich unabhängig von äußeren Umständen.
Um eine Zielbindung aufzubauen, ist ein gemeinsames Herausarbeiten der Ziele zwischen Athlet und Trainer unablässig. Die Athleten sollten aktive Gestalter im Zielsetzungsprozess sein. Darüber hinaus steigern Ermutigung und regelmäßiges Feedback die Zielbindung.
Scheuen Sie sich nicht, andere Personen (Eltern, Trainer, Freunde) um Unterstützung zu bitten. Sie werden überrascht sein, welche Möglichkeiten sich für Sie ergeben werden. Hindernisse, die Ihnen vielleicht unüberwindbar erschienen, können durch Unterstützung anderen einfacher bewältigt werden.
Die Zeit, die in die Ausformulierung und Festlegung der Ziele gesteckt wurde, ist verlorene Zeit, wenn keine systematische Evaluation und Rückmeldung über die Zielerreichung gegeben wird. Der Evaluationsprozess sollte von Anfang an in das Zielsetzungsprogramm eingebettet und im Laufe der Umsetzung der Ziele kontinuierlich fortgeführt werden. Die Betreuer sollten dem Sportler in regelmäßigen Abständen eine Rückmeldung über den Fortschritt geben Dies wirkt sich positiv auf die Motivation der Sportler aus.